Lasst uns große Reden schwingen!

IMG_9438Wenn man so eine beeindruckende Lektüre über den „Mythos Redemacht“ gelesen hat, ist man versucht anstatt eines Resümees, doch gleich eine Rede aufzusetzen. Doch ich halte der Versuchung stand und hoffe, dass sie noch anlässlich eines Buchpreises von einem veritablen Laudator folgt. Karl-Heinz Göttert, emeritierter Professor für ältere deutsche Literatur, führt uns Leser – nicht professoral, sondern im essayistischem Stil – in ein selten von uns durchdrungenes Phänomen ein, unserer Faszination von beeindruckenden, charismatischen Rednern.

Große Reden? Ist das denn ein zeitgemäßes, ein heute noch relevantes Thema?

Richard von Weizsaecker, Bundespraesident a.D.

Schönes Bild von Richard von Weizsäcker, gefunden bei Hajo Funke, der auch einige Reden auf seinem Blog verlinkt hat. Einfach aufs Bild klicken.

Allenthalben wird ja gerne über den Niedergang der Redekunst (Rhetorik) lamentiert. Ach, wo sind sie nur, unsere zukünftigen von Weizäckers, Brandts, Schmidts, Strauß, Fischers & Co.? Diese rückblickende Verklärung der Redekunst ist ein Jahrtausend altes wiederkehrendes Bejammern, das mit dem Kulturpessimismus korreliert. Gerne blenden die Jammerer dabei zahlreiche Exempel aus der Vergangenheit aus, bei der die Redekunst demagogisch diskreditiert wurde, allen voran durch Hitler und Goebbels. Dies macht Karl-Heinz Göttert nicht. Und eben so wenig ist er verführt, trotz seiner Beispiele unvergessener Reden, sogenannter „Ikonen der Reden“, deren Wirkmacht und Bedeutung zu überschätzen. Doch nachdem er auf knapp 500 Seiten seine spannende These von der seit 2.500 Jahren bestehenden Kontinuität in der europäischen Redekunst entfaltet und plausibilisiert hat, stimmt er doch ein wenig ins Lamento der möglichen Vergänglichkeit ein:

„Ob sich die Anlässe öffentlichen Redens jedoch tatsächlich weiter zurückentwickeln und nur noch in der Form von zeremoniellen Auftritten übrig bleiben? Und Kommunikation entpersonalisiert wird, …? Möglich ist es. Dann wäre eine sehr lange und sehr erfolgreiche Geschichte der Redekunst tatsächlich zu Ende gegangen.“

Solch Skepsis entwickele ich nach der Lektüre nicht. Allein schon der von ihm brillant analysierte Barack Obama dokumentiert mir wie gewinnend auch in unseren multimedialen und globalisierten Zeiten herausragende Rhetoriker sein können. Und auch die jüngste Vergangenheit beweist mir mit der hunderttausendfach geteilten „Wutrede von Christian Lindner“ und auch der im Mai 2014 verbreiteten Rede eines echauffierten Steinmeiers, dass der mediale Wandel heute eher wachsenden Einfluss für persönliche Reden haben könnte.

Trotz Kohl, Merkel, Stoiber & Co. spekuliere ich auf eine Renaissance der Redekunst.

Mandela-love

Gefunden auf dem Blog von Thomas Rehehäuser. Einfach aufs Bild klicken.

Doch eben dies sollte meines Erachtens aber auch sensibel für die Kunst der Rhetorik machen. Wenn wir sie schon nicht selbst beherrschen, so sollten wir doch lernen, sie zu durchschauen und sehr wachsam sein angesichts des heute wachsenden Missbrauchs bei Hasspredigen und Agitationen, die sich schnell viral verbreiten lassen. Denn wie Karl-Heinz Göttert im Prolog erläutert:

Nein, die Redekunst, die zur Macht führt, ist nicht „natürlich“ und vor allem nicht von sich aus „moralisch“.“

Rhetorik ist erlernbare Kunst. Es ist bravouröse Wortfechterei, die mit geschärftem Intellekt „sein Gegenüber beeindrucken, ihn regelrecht unterwerfen will“ oder – um im Bild zu bleiben – über die Klinge springen lassen möchte. Die besondere Kunstfertigkeit liegt in der Empathie des Redners oder besser Antizipation der gedanklichen Paraden seiner Zuhörer. Und auch die Wahl der Waffe will im übertragendem Sinn wohl überlegt sein. Im Parlament greift man häufiger zum eleganten Degen und fordert zum Duell, will man hingegen Verbündete aktivieren oder das Volk beeindrucken, zieht man den rustikalen Säbel vor und rappelt.

Die kunstvolle Rede zielt nicht auf unseren Verstand, sondern auf unser „Herz“.

Rhetorik wird dort vonnöten, wo das rationale Argument nicht ausreichend überzeugt. Besonders in Zeiten der Krise dürsten wir förmlich nach großen Worten. Sie dienen uns als beruhigendes, emotional rührendes Placebo. Wir lassen uns von den Rednern einlullen, verleihen ihnen gerne Macht, nicken ihnen willfährig zu und schenken ihnen unkritisch einen großen Vertrauensvorschuss. Wie wir alle, gleich welche intellektuellen Fähigkeiten wir individuell entwickelt haben, in der Masse durch pathetischen Schwulst oder heilsversprechender Demagogie beeinflussbar sind, hat schon Gustave le Bon sehr erhellend dargelegt. Auf ihn weist auch Karl-Heinz Göttert hin und ich kann es nur empfehlen, seinen Essay über die „Psychologie der Massen“ zu lesen.

Die Entstehung einer speziellen rhetorischen Kunstfertigkeit in Europa, die uns Karl-Heinz Göttert in seinem Buch mit einer Fülle an Wissen und Erkenntnissen nachzeichnet, entwickelte sich schon in der Antike auf höchstem Niveau.„Um 466 v. Chr. gab es also nicht nur bereits Redner und Publikum, sondern auch eine systematisierte Redekunst in Form von (schriftlich fixierter) Rhetorik.“ Doch nicht die erstmals entwickelte Staatsform „Demokratie“ war dafür zwingende Voraussetzung.„Es wäre falsch zu glauben, (und wird in diesem Buch ausführlich widerlegt), große Reden gebe es nur in Demokratien. Aber tatsächlich bilden Demokratien eine sehr günstige Voraussetzung für Reden, weil die politischen Entscheidungen ohne äußere Macht zustande kommen.“

Wie uns Karl-Heinz Göttert anhand von Rednerpaarungen aus verschiedensten Epochen zeigt, z.B. Perikles und von Weizäcker, Cicero und Joschka Fischer, Chrysostomos und Obama, dient die politische Redekunst zeitlos zuvorderst immer der Überredung, der emotionalen Vereinnahmung des Publikums und nur selten der Überzeugung durch vernünftige Argumente. Das macht sie auch alle Jahrhunderte hindurch verdächtig. Neben Platon ist Kant ein bekannter Verächter dieser Kunst und des „Künstlers“. Sie bediene sich „der Schwächen der Menschen zu seinen Absichten.“

Zwei Wochen Lesen ist bestenfalls ein Crashkurs in die Historie der europäischen Redekunst.

Die beachtlichen Erkenntnisse, die Karl-Heinz Göttert in diesem Buch zusammenträgt und –fügt, die überbordende Fülle an Überlegungen und Thesen kann man nicht ausreichend in den zwei Wochen, die ich mir zum Lesen gab, reflektieren, verinnerlichen und würdigen. Fast auf jeder dritten Seite habe ich unter- oder angestrichen, umkringelt oder notiert. Dem Thema kann man sich mindestens ein ganzes Seminar lang widmen, gerne aber auch ein akademisches Leben damit füllen. Denn Material gibt es über die Jahrhunderte hinweg in unzählbaren Mengen. Allein schon die Anzahl der Predigten, die ebenfalls ein umfangreiche Anschauung in diesem Buch erhalten, geht bei den einzelnen Rhetorikkünstlern wie Meister Eckhart, Martin Luther, den Dominikaner, Franziskanern, Pietisten oder auch Gottsched in die Tausende. Aber auch die Zahl politischer Reden in der Neuzeit, die oft minutiös von einem großen Mitarbeiterstab erarbeitet, später analysiert und dokumentiert werden, wachsen ins Unermessliche. Unter den deutschen Präsidenten war Roman Herzog der fleißigste, der annährend 300 Reden hielt. Am Ende blieb mir dennoch nur der „Ruck, der durch Deutschland gehen sollte.“ besonders in Erinnerung.

Folie04Sehr eingängig und umfassend erläutert Karl-Heinz Göttert die praktische Lehre der Rhetorik, deren Ausübung schon im antiken Griechenland sehr lukrativ sein konnte, und die von Aristoteles begründete Theorie, die im weiteren besonders von Cicero fortgeführt wurde. Da Rhetorik und speziell die Rede häufig dann zum Zuge kommt wenn die Vernunft allein nicht überzeugt, sind zunächst besondere Eigenschaft auszubilden: Persönlichkeit, argumentatives Wissen, Eloquenz und Stimme. Verfügt der so Ausgebildete zudem über die oben schon genannte Empathie, so kann er mit dem Publikum einen „Vertrag über die Anerkennung einer geminderten Form von Rationalität“ abschließen. Was hier etwas spröde anklingt, wird im Verlauf des Buches sehr greifbar und klar. Um es etwas flapsig zu sagen: zur Überredung durch eine kunstvolle Rede gehören immer zwei. Der vernunftbegabte Zuhörer muss auch schon sich überreden lassen wollen.

Vermisst nun jemand die kritische Betrachtung der Schwächen des Buchs?

Sie ist meines Erachtens in diesem Fall kaum angebracht. Sicher kann man Redundanzen auf den 500 Seiten finden. Doch das zu bemäkeln war kleingeistig. Auch kann man sich an der Gegenüberstellung der Redner stören, weil man die beschriebenen Parallelen als doch recht willkürlich erachtet. Doch diese Idee an sich ist ebenso mutig wie herausfordernd und wird für einen fachlichen Laien wie mich überzeugend eingelöst. Manch einem mögen die Vielzahl an Schlenkern, z. B. zur griechischen Komödie oder zur Reformationsgeschichte, die Karl-Heinz Göttert gerne macht, etwas zu viel des Guten sein. Und ich gebe zu, dass es auch für mich nicht durchgängig einfach war, immer an der Stange zu bleiben. Doch immer wieder holte er mich zurück. Und ich mag auch seinen Stil, der nicht trocken seriös, sondern auch mal flapsig amüsant vom „Fehlstart des Supertalents Demosthenes“ erzählt.

Ich könnte noch viele Zeilen an sehr erhellenden Bemerkungen und Hinweisen wie z.B. Prediger seien die Anwälte der Menschheit vor Gott oder „Die Macht „wahrer“ Rede ist nicht die Lösung, sondern das Problem, das man nicht dadurch aus der Welt schafft, indem man es zum Mythos macht.“ von Karl-Heinz Göttert vorstellen bzw. zitieren. Doch ich muss zum Ende kommen.

Ein letzter Aspekt sei noch erwähnt: die packende, politische Rede zeichnet sich weniger durch feingeschliffene, auf höchstem sprachlichem Niveau formulierte Worte aus. In solcher Form, wie sie von intellektuellen Schriftstellern gern gehalten werden, z. B. von Navid Kermani anlässlich 65 Jahre Grundgesetz im Bundestag oder der alljährlichen Verleihung des Friedenspreises des deutschen Buchhandels, finden Reden zwar respektvolle Bewunderung, doch erreichen kaum die mehrheitlich schlichten Gemüter.

Hingegen sind deftige Bilder, häufige Anaphern, Alliterationen, Schlagwörter, pathetische Tonalität oder herber Witz die wirkungsvolleren Stilmittel eines packenden Plädoyers. Wohl deshalb sind uns auch eher Herbert Wehner oder Franz Josef Strauß als scharfe Rhetoriker in Erinnerung, die jedoch hier im Buch über die Redekunst nur als Randfiguren Erwähnung finden. Ein Beispiel aus dem Buch, das mir an dieser Stelle gut passt, stammt von Alfred Dregger 1978 aus der Debatte über die Verschärfung der Terrorgesetze:

„Gewiss darf es keine Hexenjagd auf sogenannte kritische Intellektuelle geben. Aber wir können die sogenannten kritischen Intellektuellen auch nicht in den Stand einer Priesterkaste erheben, die für sich das Recht zur Kritik in Anspruch nimmt, an ihr geübte Kritik aber mit größter Entrüstung zurückweist. Auch unsere Dichterfürsten sollten begreifen, dass uns Respekt ihren literarischen Leistungen gilt, nicht unbedingt dem, was sie politisch zum Besten gaben.“

Karl-Heinz Göttert hat meines Erachtens mit „Mythos Redemacht“ ein Buch vorgelegt, das ein Muss für alle Juristen, Theologen, Politologen und Sprachwissenschaftler ist, und ein Genuss für alle, die nach einem smarten Nebeneingang in die europäische Gesellschaftsgeschichte suchen. Wer Wilhelm Weischedels Philosophische Hintertreppe kennt, versteht sicher, was ich meine. Mit jeder behandelten Rede bzw. jedem Redner bietet dieses Buch einen fokussierten Blick auf weltgeschichtliche Ereignisse der vergangenen 2.500 Jahre.

Kennedy

Gefunden bei entrepreneurialcreativity. Einfach klicken.

Die griechische Demokratie, das römische Reich, frühes und spätes Mittelalter, konstitutionelle Monarchie in Großbritannien, Unabhängigkeitskrieg der USA, Reformation, Revolutionen, Bismarck-Ära, Weimarer Republik und drittes Reich – alles wird von Karl-Heinz Göttert im Kontext der Redekunst erörtert.

Ich gestehe, dass mir selbst so historisch nahe Ereignisse wie der Berlinbesuch Kennedys 1963 („Ich bin ein Berliner.“), die Regierungserklärung von Willy Brandt 1969 („Mehr Demokratie wagen“) oder die Reden vom 4. November 1989 (im Buch steht 3. Nov., siehe auch Kommentar) auf dem Alexanderplatz u. a. von Stefan Heym, Christoph Hein und Christa Wolf („Vorschlag für den ersten Mai – die Führung zieht am Volk vorbei.“) nicht so präsent waren, wie ich sie hier nun nachlesen durfte. Und auch die Hintergründe und Kontexte von „Blood, Sweat & Tears“ (Churchill) „I have a dream (Martin Luther King) oder „…fragt nicht, was euer Land für euch tun kann, sondern fragt, was ihr für euer Land tun könnt.“ (John F. Kennedy) sind mir nunmehr weitaus klarer.

DruckIch lege nun als Bloggerpate des zum Buchpreis der Leipziger Buchmesse nominierte Sachbuch „Mythos Redemacht“ von Karl-Heinz Göttert zur Seite und fasse für mich mein Resümee zusammen: Vertraue auf das Wort, doch traue den Worten nicht.

Und an Herrn Göttert gerichtet noch ein letztes Wort: Chapeau!

 

Nachtrag: Zu seinem Buch gab Karl-Heinz Göttert dem Spiegel ein Interview. Das macht vielleicht noch mehr Lust es zu lesen als mein Plädoyer.

Karl-Heinz Göttert auch mal selbst dazu zu hören und weitere Aspekte erfahren kann man in einem Interview beim Deutschlandfunk.

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10 Gedanken zu “Lasst uns große Reden schwingen!

  1. Ob ich nun Ihnen zustimmen kann in Bezug auf „medialen Wandel“ und seinen „wachsenden Einfluss“ auf den Stellenwert persönlicher Rede, ist hier nicht Ort und Stelle. Doch aussprechen kann ich, dass Ihnen die Rezension sehr gelungen ist.
    Und wo ich vorher bereits dieses Buch lesen wollte, alter Lateiner und ehemaliger Rhetorik-Student, der ich bin, will ich es jetzt noch mehr.
    Dann, nach hoffentlich gründlicher Lektüre, komme ich vielleicht noch einmal auf Ihre Skepsis zurück und lasse Sie „über die Klinge springen“.

    Für die Rezension, Chapeau!

    Freundlichst
    Ihr Herr Hund

    • Herzlichen Dank für das Kompliment und die zugleich herausfordernde Rückmeldung. Ich nehme dann den Handschuh gerne auf. Herzliche Grüße, Thomas Brasch.

  2. Übrigens wird Herr Göttert auch in der Bloggerlounge erwartet. Ich hoffe, du kommst vorbei.
    Vielen Dank für den Einblick.

  3. Danke Dir, Gunnar. Dieses Panoptikum an Vortragsverpflichteten lässt sich sicher noch ausweiten. Doch ebenso sind die gefeierten, freien Redner in den Motivations-Veranstaltungen der Strukturvertriebe, die Mental-Coaches zur geistigen Rückstärkung von Hotline-Mitarbeitern oder sonore Märchenerzähler für Top-Manager (heute oft Trendgurus genannt) ideale Objekte der Anschauung. Doch noch spannender ist dann noch die kritische Betrachtung der Zuhörerschaft. Denn faszinierend und oft rätselhaft bleibt für mich die offenherzige Empfänglichkeit, ja Begeisterung und Glückseligkeit, die sich dann im Anschluss an solchen Inszenierung verbreitet.

    Die von Dir bekrittelten können ja oftmals nur bedingt etwas dafür, dass sie so ungelenk daherkommen. Sie sind an Rhetorik und Vortragskunst genauso wenig interessiert wie an der passenden Auswahl und Zusammenstellung ihrer Garderobe. Im letzteren Fall denken viele nie daran, dass ja ihr Gegenüber das Opfer ihres schlechten Geschmacks ist.

  4. Ganz kurz: Danke für die Infos über das Buch, Anschaffung scheint sich zu lohnen :-) … Minikorrektur: Die Demo 1989 auf dem Alexanderplatz war am 4. 11. (nicht 3.11.). Am besten ändern und dann diesen Kommentar löschen.

    • Herzlichen Dank für den Hinweis. Das Datum habe ich direkt aus dem Buch übernommen, ohne es noch mal zu verifizieren. Insofern ist das ein guter Korrekturhinweis für eine eventuelle 2. Auflage ;-)

  5. Ein wenig mehr Übung in Redekunst könnte dennoch nicht schaden. Es dominiert zu sehr die Powerpoint-Sabbelei: Folgende Typologien kann man da erleben: Der Überflieger hechelt mindestens zehn Folien pro Minute durch, weil er insgesamt 129 Folien hat. Die Psychofolter für das Publikum ist die Nummerierung der Folien mit Gesamtanzahl: 64 von 129, 65 von 129…

    Der Vorleser hat deutlich weniger Folien – dafür sind sie randvoll in kleiner Schrift und mit Grafiken überladen. Weil sein Publikum nichts erkennen kann, muss er alles vorlesen: staubtrockene Zahlen und Fakten. Der geistige Phantomschmerz wirkt noch tagelang nach.

    Der Im-Bild-Steher verdeckt die Projektion, weil er dauernd hin und her läuft zwischen Beamer und Leinwand und vor den Zuhörern auf und ab. Könner verbinden beides zu einem eleganten Ausdruckstanz – vorwärts, seitwärts, Drehung, Sprung, Verbeugung.

    Der Autist steht zwar ruhig, redet jedoch kaum. Falls doch, dann leise. Aber nicht zum Publikum, sondern zur Folie, zur Wand oder zu sich selbst. Ermahnungen und Bitten lauter vorzutragen, sind zwecklos.

    Der Kommandeur hat Befehlsempfänger für Folienproduktion und Laptop-Bedienung. Der Kommandeur tritt manchmal auch als machtvoller Ignorant in Erscheinung, kennt den Inhalt der Präsentation nicht und überspielt es mit halblaut gebellten Anweisungen: “Nein, noch mal kurz zurück” – “Jetzt nächste Folie!”. Fallen Euch noch weitere Typologien ein? Dann bitte ergänzen. Wie wäre es mal mit freier Rede.

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