Wenn in Schwabing die Langeweile einzieht

irrenhaus

Sicher überschätzen Autor und Leser die Bedeutung des ersten Satzes. Der Erfolg eines Romans hängt doch wohl kaum von ihm ab. Oder doch? Wie macht es ein ehemaliger Verleger, der selbst einen Roman verfasst? Er schreibt einfach einen überzeugenden Einstiegssatz, einen, der einen packt und durch den gesamten Roman tragen kann:

„Zum ersten Mal in meinem Leben wollte ich mich mit Hingabe langweilen.“    

Und wenn gebildete Romanfiguren etwas mit „Hingabe“ betreiben sollen, dann dürfen sie sich darauf intensiv vorbereiten. So lässt Michael Krüger seinen namenlos bleibenden Ich-Erzähler, von Beruf Archivar, gleich mal zwanzig Jahre sich mit der Theorie der Langeweile befassen und gar ein Heidegger-Studium heranziehen:

„Ein Leergelassensein von der Welt, das wollte ich erreichen.“

Vierzigjährig erhält er dann die Chance, die ersehnte Langeweile zu praktizieren. Er erbt ein Mietshaus in Schwabing. Und dort bietet sich zugleich eine leerstehende sechs Zimmer Wohnung an, in die er ohne viel Sack und Pack einzieht. Seinen Beruf als Archivar hängt er an den Nagel.

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